Mit dem Begriff Diffusion werden in der Betriebswirtschaft theoretischen Konzepte bezeichnet, die sich mit der Diffusion und Adoption von Markterscheinungen beschäftigen. Bekannt sind Lebenszyklusmodelle, die Wachstums- und Sättigungsverläufe von Produkten oder Dienstleistungen beschreiben. Hier wollen wir mit der Diffusionstheorie Marktdurchdringungen von Innovationen beschreiben und Hinweise auf das notwendige Innovationsmanagement geben.
Grundlegende Arbeiten über die Diffusion von Innovationen wurden in den 60er Jahren von Everett Rogers in den USA veröffentlicht. Bekannt geworden ist die Diffusionskurve für Innovationen. Rogers unterteilt die Nachfrager für Innovationen in "innovators" , die etwa 2,5% des Marktvolumens ausmachen, "early adopters", die dann mit ansteigender Nachfrage und Marktdurchdringung 13,5% ausmachen, die "early majority", die mit 34 % die Nachfrage bis zum Zenit bestimmt, die "late majority", die mit weiteren 34% bereits die sinkende Zykluskurve einleitet und schließlich die "laggards", die mit 16% das Ende des Lebenszyklus bilden.
Wir haben die Begriffe von Everett Rogers übersetzt mit "Avantgarde", "Vorreiter", "frühe Mehrheit", "späte Mehrheit" und "ewig Gestrige". In der empirischen Forschung wird immer wieder festgestellt, dass nach einem gewissen Anstieg in den frühen Phasen der Marktdurchdringung von Innovationen, die Nachfge regelrecht abbricht, was sich in einer Lücke in linken unteren Ast der ansonsten stetig verlaufenden Rogers-Kurve ausdrückt. Erst dann steigt die Nachfrage wieder an, wenn die Vorreiter-Nachfrager auf den Plan kommen. Das bedeutet für den Anbieter von Innovationen, dass für die Überbrückung dieser Lücke im Nachfrageverlauf auch genügend Marketing- und Vertriebsbudget einkalkuliert werden muss, damit man nicht Schiffbruch erleidet. In unseren strategischen Balanced Scorecard Zielen planen wir diese Erfahrung mit entsprechenden Planansätzen in den relevanten Kennzahlen ein.
Mit Rogers unterscheiden wir für die Abbildung der Prozesse beim Innovationsmanagement:
- die Knowledge-Phase
- dei Persuasion-Phase
- die Decision-Phase
- die Implementation-Phase
- die Confirmation-Phase
Knowledge heisst, das man zunächst die Innovation wahrnehmen muss. 70-80% der Innovationen kommen vom Markt her, weil ein Bedarf vom Kunden artikuliert wird. Diesen muss man erkennen und analysieren. Freilich muss man dann auch die Lösung kennen und grundlegend wissen, wie die Lösung funktioniert. Bei weitaus den meisten Innovationen ist das heutzutage ein sehr komplexes Aufgabengebiet, das nicht ohne fundierte wissenschaftliche Unterstützung gelingt. Wir verweisen hier auf recht spektakuläre Steinbeis Innovationspreise der letzten Jahre, die zeigen, wie hoch der Stand der anwendungsorientierten Forschung und Entwicklung im Steinbeis-Umfeld ist.
Falls Sie in dieser Hinsicht Steinbeis noch nicht kennen, wenden Sie sich vertrauensvoll mit Ihrem Innovationsanliegen an uns.
Mit Persuasion ist die Durchdringung der Innovation im Bewusstsein des Kunden gemeint. Der oben beschriebene Avantgardist wird zu den frühen Käufern gehören. Er will bei den Ersten sein, die neue Produkte kaufen und eben auch vorzeigen können. Der "Laggard" legt weniger Wert auf die Innovation, hat vermutlich noch gut funktionierende Alternativen und kauft, wenn überhaupt, ganz spät.
Das Marketing muss also, insbesondere bei komplexen, technisch anspruchsvollen Produkten, die Nutzenvorteile heraustellen, die Produktattribute dazu diffenzieren, Kompatibilitäten berücksichtigen und i.d.R. hohe Komplexitäten aufklären.
In der Decision Phase entscheidet sich der Kunde zum Kauf oder zum Nicht-Kauf der Innovation. Es gibt seriöse Studien, die aussagen, dass bis zu 90% neu eingeführter Produkte am Markt scheitern. Die Gründe liegen in der ungenügenden Berücksichtigung dieser Decision Phase beim Käufer. Wir kennen krasse Fehlpositionierungen, Unterschätzungen der Reaktion der Konkurrenz oder einfach Desinteresse beim potenziellen Kunden. Wichtig sind daher hier Erfahrungsberichte von anderen Käufern, die Mund-zu-Mund-Propaganda, Testmöglichkeiten und vielfältige andere Instrumente, um die Verbreitung der Innovation sicherzustellen. Interessant ist dabei auch die Unterscheidung und Analyse, ob der Kunden das Produkt überhaupt kennt und deshalb "aktiv" den Kauf ablehnt oder nur ein "passiver" Nicht-Käufer ist, weil er z.b. das Produkt am Markt garnicht wahrgenommen hat, "ach, wusste garnicht, dass es so Etwas überhaupt gibt".
In der Implementierungsphase geht es konkret um den Kauf. Wo kann ich kaufen? Wie sind die Kaufbedingungen? Wo und wie setze ich die Innovation ein? Gibt es zusätzliche Dinge, die ich zur Nutzung der Innovation berücksichtigen muss? Klar ist, dass sich hier erhebliche Unterschiede zwischen Konsumgütern und Investitionsgütern auftun, die im Vertrieb und Support zu berücksichtigen sind.
Eine interesante GfK Studie mit dem Titel "Store Effekt" kommt zum Ergebnis, dass knapp 70% der Kaufentscheidungen für Konsumgüter erst am "Point of Sale - POS" erfolgen.
Weitere Ergebnisse zeigen, dass der Kunde in nur 30 % der Fälle eine Vorabentscheidung getroffen hat, die meist markenabhängig ist, und er somit auch geplant kauft. Bei mehr als 15 % der Kaufakte hat der Kunde nur eine genaue Vorstellung von der Warengruppe und entscheidet sich erst am POS für ein konkretes Produkt. Nur 10 % der Kunden wollen eine bestimmte Marke kaufen, kaufen dann im Geschäft aber ein Konkurrenzprodukt. Auch etwa 10% weichen ganz von geplanten Kauf ab. Der weitaus größte Teil mit knapp 40% sind aber die sog. Spontankäufe, die erst am POS entschieden werden. Ob eine Kaufabsicht tatsächlich zum Kauf wird, hängt, so die GfK, wesentlich von der Markenstärke gegenüber No-Name-Produkten ab. Bei rund 60% der geplanten Käufe stellen die Marktforscher eine festgelegte Markenpräferenz fest. Der Kunde weiß also zu 60% genau, welche Marke er erwerben will. Ein Trend, der vor allem bei kaufkräftigen jungen Käufern zu beobachten ist.
Der Innovations Prozess kann mit der Implementierung abgeschlossen sein. Es kommt aber doch oft vor, dass Kaufentscheidungen noch revidiert werden, so dass wir auch noch eine Confirmation Phase unterscheiden. Rogers vermutet, dass etwa die gleiche Anzahl wie die "Early Adopters" den Kaufentscheid in dieser Phase noch revidieren, das wäre ca. 2,5% . Wir halten diese Zahl bei Konsumgütern inzwischen für zu gering, weil im Zusammenhang mit dem zunehmenden Internethandel das deutsche Fernabsatzgesetz dem Kunden ein 14-tägiges Rückgaberecht einräumt. Der klassische Einzelhandel ist oft gewungen, hier mit großzügigen Rückgaberechten gleichzuziehen, obwohl das rechtlich nicht sein muss. Das ist für den Verkäufer mit erheblichem Organisations- und Kostenaufwand verbunden, der unbedingt einkalkuliert werden muss. Im Investitonsgütergeschäft sind Anzahlungen bereits in der Planungsphase ein probates Mittel, die Konfirmationsphase einzupreisen.
Haben Sie Fragen zu diesen komplexen Themen, wenden Sie sich an unsere Steinbeis Spezialisten: info(at)steinbeis-bi.de